In Dresden lässt sich eine Menge Barock konsumieren: Doch diese Noblesse ist nicht jedermanns Geschmack oder nach dem ersten Dresden-Besuch abgehakt.
Unser Tipp: Dresden für Fortgeschrittene, eine Runde zu Dampfmaschinen und Stahlbeton.
Nachdem die Preußen 1763 im Siebenjährigen Krieg das Land besetzt hatten, war es aus mit dem großen Glanz. Doch die Sachsen rappelten sich auf, besannen sich ihrer technischen Fähigkeiten und bürgerlichen Tugenden. Und so sind auch jene Kapitel der Dresdner Stadtchronik spannend, in denen es weniger golden als gusseisern zugeht.
„Leinen los!“. Der Raddampfer „Pillnitz“ legt vom Ufer ab. Langsam beginnen sich die riesigen Schaufelräder in den Radkästen zu drehen. Diese wurden eigens für neugierige Passagiere beleuchtet und mit Fenstern ausgerüstet. Dort beobachten die Liebhaber dann voller Bewunderung das Drehen und Fließen.
Über Deck – Unter Dampf
Oder sie staunen in den nach oben offenen Maschinenraum. Wie in einem Orchester graben agiert dort der Maschinist, ölt oder putzt fast zärtlich die Rohre, Kessel, Pleuel und Manometer, bringt Lack, Kupfer und Messing auf Hochglanz. Mit neun historischen Raddampfern begeht die älteste und größte Raddampferflotte der Welt, die Sächsische Dampfschiffahrt, 2016 ihr 180-jähriges Bestehen. Gegründet anno 1836 von Dresdener Kaufleuten wurde die „Sächsisch-Böhmische“ bald zu einer Attraktion des Landes. Der betagteste der acht restaurierten Raddampfer wurde anno 1879 zu Wasser gelassen.
Der Salon-Dampfer “Pillnitz” ging 1886 in Dienst, ist also heute eine Dampfmaschine in den besten Jahren. Sie und zwei weitere Schiffe begehen 2016 ihre eigenen runden Geburtstage, weshalb für die Hauptsaison neue Veranstaltungspakete geschnürt werden – mit kulinarischen Abendfahrten, Mondscheinfahrten, einem Oktoberfest an Bord, Winzerfahrten, Dixieland-und Pianofahrten. Höhepunkt im Jubiläumsjahr: Das Dampfschiff-Fest vom 19. bis 21. August 2016 mit der traditionellen Dampferparade.
Eine Dampfertour ab Dresden führt vorbei an vielen der gründerzeitlichen Sehenswürdigkeiten der Stadt: Das „Blaue Wunder“, eine Stahlträgerbrücke, die seit 1893 die Stadtteile Blasewitz und Loschwitz verbindet, die Historischen Bergbahnen hinauf zu den Villenvierteln Weißer Hirsch und Oberloschwitz, die Elbschlösser, die von Dresdner Industriellen errichtet wurden.
Die andere Seite von Dresden
Vom Wasser aus betrachtet lässt sich auch die Zweiteilung Dresdens erkennen. An jenem Elbufer, wo die Frauenkirche nicht steht, dehnt sich die Neustadt. Sie blieb von der Bombardierung im Februar 1945 weitestgehend verschont, und für die im Westen der Republik übliche rabiate 60er-Jahre-Modernisierung war Dresden schlichtweg zu arm. Also blieb unangetastet, was nicht von allein zusammenbrach. Die Innere Neustadt bewahrte bürgerlichen Barock; die Äußere aber das Dresden des 19. Jahrhunderts. Während sich vor 20 Jahren die Touristen nur rund um Zwinger und Theaterplatz drängten, herrschte auf der „anderen Seite“ ungestörte zweite Gründerzeit-Stimmung. Wie Pilze schossen zuerst die Szene-Kneipen mit behaglichen Hinterhof-Biergärten aus dem Boden, gefolgt von Restaurants und Hotels. Wer auch ein Hotel sucht, das vom
Dresden der Industrialisierung erzählt, der findet es, wenn er vom neustädtischen auf das altstädtische Elbeufer schaut: Am rechten Rand der berühmten Silhouette aus barocken Prachtbauten hat sich selbstbewusst der Erlweinspeicher ins Gruppenfoto geschoben.Das riesige Gebäude galt zu seiner Entstehungszeit 1913/14 als Sensation, denn die Eisenbetonskelett-Bauweise war noch ganz neu. Nahe am Elbe-Hafen erbaut, diente es als städtisches Lager für Waren wie Wolle, Gewürze und Tabak. Es tat seinen Dienst, bis es sich Etage für Etage der eindringenden Feuchtigkeit geschlagen gab.
Seit 1996 stand es leer. Im Jahr 2002 begann die Maritim Hotelgesellschaft mit dem großen Bauen. Die Hülle des Speichers nahm – unter dem strengen Blick der Denkmalschützer – die alte Optik wieder an. Das lässt das Hotel nach außen hin robust und fast ein bisschen unwirtlich erscheinen. Doch im Inneren empfangen den Eintretenden Licht und Glanz. Dem Erbauer des Speichers, Hans Jacob Erlwein, einst Stadtbaurat begegnet man an vielen Stellen Dresdens.
Gasometer wird zum Kunstraum
Er entwarf für die in den Gründerjahren boomende Stadt vor allem öffentliche Gebäude und war auch an den großen runden Speichern auf dem Gelände der Gasanstalt östlich der City beteiligt. Einen davon nutzt heutzutage der Künstler Yadegar Asisi für ein Panometer – eine Wortverschmelzung aus der Kunstform Panorama und dem Gebäudeursprung Gasometer. Aber auf dem dort ausgestellten Rundbild geht es – immer vom Frühjahr bis zum Jahresende – schon wieder sehr barock zu.
Interessante Links & Adressen:
Sächsische Dampfschiffahrts-GmbH & Co. Conti Elbschiffahrts KG
Georg-Treu-Platz 3, 01067 Dresden,
Tel.: 0351-866090
E-Mail: service@sdsgruppe.de
Webseite: www.saechsische-dampfschiffahrt.de
Panometer Dresden
Gasanstaltstraße 8b, 01237 Dresden
Info- und Servicecenter: 0341.35 55 34-0
E-Mail: service@panometer.de
Webseite: www.panometer.de
Blog: http://blog.asisi.de