Vieles kam 2020 ganz anders, als es die allermeisten noch vor zwölf Monaten erwartet hätten. Wie wirkt sich das auf unser Glück aus? Wir haben Experten befragt.
Für den einen ist das Schönste, immer wieder Neues dazu zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Andere finden Glück in spielerischen Augenblicken oder im Sport. Wieder andere suchen Erfüllung in ehrenamtlichen Aufgaben. Glück ist so individuell wie wir Menschen.
Doch wie hat sich unser Glücksempfinden im Jahr 2020 verändert?
Dazu haben wir an dieser Stelle in den vergangenen Monaten namhafte Wissenschaftler interviewt.
Im Jahresrückblick kommen sie noch einmal zu Wort.
Den Gemeinschaftssinn stärken
Der Glücksforscher Jan-Emmanuel De Neve von der Universität Oxford etwa erwartet für die kommenden Jahre grundlegende Veränderungen: „Ich habe die Vermutung, dass die Menschen nach dem Ende der Corona-Krise besser verstehen werden, worauf es letztlich ankommt. Viele Menschen werden die große Bedeutung von sozialen Beziehungen, ob in der Familie, unter Freunden oder Kollegen, stärker würdigen.“
Für ihn steht das Miteinander an erster Stelle: „Gemeinschaften tendieren dazu, in schwierigen Momenten besonderen Zusammenhalt zu beweisen. Das ist eine Quelle des Wohlbefindens, die stärker als sonst zum Tragen kommt.“
Das Glück im Alltag finden
Glücksmomente verbergen sich oft genug im Kleinen, wie Tobias Rahm, Glücksforscher an der TU Braunschweig, schildert – wir müssen nur wieder erlernen, sie auch zu sehen. Dazu hat er eigens ein „Glückstraining“ entwickelt: „Ein besonderer Fokus liegt darauf, wie wir es besser schaffen, die schönen Dinge um uns herum bewusst wahrzunehmen und die damit verbundenen positiven Emotionen zu vermehren.
Außerdem geht es um das Setzen der richtigen Prioritäten, um Achtsamkeit und Dankbarkeit.“
Emotionale Intelligenz – einfach unverzichtbar
Dankbarkeit ist auch für Dr. Ha Vinh Tho, den langjährigen Direktor des „National Happiness Center“ in Bhutan, ein wesentlicher Bestandteil des persönlichen Glücks.
„Aus der Hirnforschung wissen wir heute, dass innere Einstellungen und Werte wie Kooperation, Dankbarkeit, Mitgefühl, Großzügigkeit und Freundlichkeit sehr wichtig sind für unser Glücksempfinden. Gerade in den heutigen Zeiten der Künstlichen Intelligenz, da intellektuelle Aufgaben immer stärker durch Maschinen übernommen werden, wird emotionale Intelligenz noch wichtiger. Eine Maschine kann vielleicht irgendwann das Hirn ersetzen – aber niemals das menschliche Herz.“
Mit sich selbst in Frieden leben
Gerade in herausfordernden Zeiten sollten wir die Kraft aufbringen, uns selbst zu hinterfragen, meint Prof. Mathias Binswanger: „Was macht mich überhaupt glücklich? Wir hängen so sehr in festen Lebensstrukturen fest, dass viele von uns diese Frage gar nicht beantworten können“, betonte der international renommierte Ökonom und Glücksforscher aus der Schweiz im Interview.
Seine Tipps: mehr Zeit für die Familie haben, einen intakten Freundeskreis pflegen, sich ehrenamtlich engagieren, gesellschaftlich gut integriert sein.
„Glücklich ist, wer mit dem eigenen Selbst in Frieden lebt“, bringt es Univ.-Prof. Dr. med. Joachim Bauer auf den Punkt. „Das wichtigste Glücksrezept lautet: Umgebe dich mit freundlichen, warmherzigen Menschen“, so der Neurowissenschaftler aus Berlin.
Millionenfaches Glück
Führt der direkteste Weg zum Glück über finanziellen Reichtum – zum Beispiel den Eurojackpot? Die Antwort: Es kommt darauf an, was wir aus dem Gewinn machen. „Ich würde empfehlen, keine überstürzten Anschaffungen zu tätigen, sondern in Ruhe zu überlegen: Was ist wirklich wichtig, was fehlte bisher in meinem Leben, wie will ich meine Zukunft gestalten?“, schilderte Prof. Binswanger im Interview.
Er ist sicher: „Wenn wir den Gewinn nachhaltig einsetzen, kann das auf Dauer unser Glücksempfinden verbessern.“