Rund 60 Mannschaften aus allen Bundesländern und europäische Gäste spielen um den Daniel-Nivel-Cup.
Deutschlands größtes Freizeitfußball-Turnier findet im Juni 2017 zum 17. Mal in Leipzig statt. Der Countdown läuft. Wir besuchten Chef-Organisator Pedro Feller.
Wenn Pedro Feller von jenem 21. Juni 1998 berichtet, kommt alles wieder hoch und das Reden fällt ihm schwer:
„Ich war mit in Lens bei einem Vorrundenspiel der Weltmeisterschaft. Als wir Zuschauer am Schluss aus dem Stadion kamen, mussten wir alle dort vorbei, wo es passiert war. So schrecklich…“.
Geschehnisse, die der fußballbegeisterte Leipziger nicht vergessen kann: In einem Pulk aus Hunderten deutschen Hooligans war der französische Bereitschaftspolizist Daniel Nivel so schwer misshandelt worden, dass er für sechs Wochen ins Koma fi el und bis heute an den Folgen der Gewalttat leidet. Doch Pedro Feller hat sich dieses Erlebnis nicht nur unauslöschlich ins Gedächtnis eingegraben – er will es auch nicht auslöschen.
Was treibt den Organisator von Deutschlands größten Freizeitfussball-Turiners an ?
Feller war zwar nie Fußballer, aber Fan seitdem er denken kann. Und zwar einer des FC Köln, „weil mein Vadder dort geboren ist. “ Da er dort nicht zu den Spielen konnte, hatte er sich mal mit dieser und mal mit jener Leipziger Mannschaft getröstet. Aber Tage nach der Grenzöffnung ist er los, den Trabi vollgetankt gen Köln. Das Begrüßungsgeld ging für das Rücktour-Benzin drauf. Logisch, dass er auch zur WM nach Frankreich reiste.
Auch ehrenamtlich war der gelernte Schlosser und, am Ende seines Berufslebens, Betreuer von Langzeitarbeitslosen im Fußball unterwegs. Er mischte schon seit den Achtzigern bei der Organisation eines Turnier von Hobby-Fußballern mit, zwei Handvoll Mannschaften trafen sich da.
„Aber als das in Lens passiert war, wollten wir mehr: Ein Treffen, das Fußballfans aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammenführt. Im Jahr 2000 wurde erstmals um den Daniel-Nivel-Cup gespielt. Das Turnier, das schnell immer mehr Starter fand, soll an das Verbrechen damals erinnern, aber darüber hinaus ein Zeichen setzen, was Fußball ist und was er nicht sein darf.“
Besonderer Höhepunkt war der Cup im WM-Jahr 2006 als 100 Mannschaften aus 17 Nationen in Leipzig antraten. Inzwischen gibt es das Turnier um den Daniel-Nivel-Cup seit 17 Jahren.
Was ist das Besondere am Daniel-Nivel-Cup?
Den größten Pott darf der Tabellen-Fünfte emporstrecken, die auf den Rängen eins bis vier bekommen ein kleines Erinnerungsstück. Das lässt die Spieler weniger verbissen kämpfen und den Grundgedanken des Turniers nicht im Ehrgeiz versinken. Mitspielen darf, wer sechs Feldspieler auf den Rasen bringt, die zehn Minuten durchhalten. Egal ist, wer die Mannschaft stellt, ein Fanclub oder ein Dorf, eine Großfamilie oder ein Freundeskreis. Auch Polizeimannschaften laufen diesmal auf.
Vorher zu trainieren ist sicherlich hilfreich, aber nicht bei allen Teams üblich. Und Voraussetzung schon gar nicht. Rund 60 Mannschaften, also rund 100 Spiele, sind das organisatorische Machbare, das Feller und seine Vereins-Kollegen Frank Heider, Stefan Matyba und Olaf Güldner bewältigen.
Die Idee des Fan-Turniers wächst
Auch deshalb hat das Turnier jetzt eine Art Franchise-Außenstellen aufgemacht. In Zinnowitz wurde schon mit 40 Mannschaften um den Cup gespielt, auch polnische Fußballfreunde überlegen, ob sie das Prinzip aufgreifen. Es gäbe dann jährlich drei solche Turniere unter gleichem Namen. Ein Gedanke, der den Leipziger Initiatoren gefällt.
Für Feller hat sich mit der Organisation des Turniers der Ruhestand mit einem Vollzeitjob gefüllt. Jahr für Jahr wendet er, der nie Büromensch war, sich an rund 1.000 Adressen, sendet Briefe und Mails, telefoniert, notiert, rechnet. Und rechnet genau: Im Korridor seiner kleinen Zweiraumwohnung in Leipzig-Paunsdorf stapelt sich schon jetzt – bis hoch zu den Fotos, die Feller mit Beckenbauer zeigen – Toilettenpapier.
„Das habe ich schon mal besorgt, weil es gerade preiswert war und wir dann so viel brauchen“.
Selbstbewusst macht er das, was große Agenturen „Fundraising“ nennen, er holt Leute ins Boot. Noch seien es zu wenige, meint er. Aber die Liste der Unterstützer ist schon lang, auch SACHSENLOTTO steht drauf – der potenteste Leipziger Fußballklub hingegen nicht.
Dank an alle Unterstützer
Am liebsten würde Feller alle Unterstützer nennen und so sprudelt es ihm heraus: „Sie müssen unbedingt die Wohnungsbaugenossenschaft Kontakt Leipzig erwähnen. Und dann wäre da noch das Suzuki Autohaus Baehr, die Bad Brambacher Mineralquellen…“. Manche geben Geld, andere spendieren Material, verleihen Gerätschaften oder packen mit an. Die White Cars Leipzig GmbH beispielsweise regelt den Shuttle-Service zwischen Spielort und Unterkünften; Lok Nordost stellt sein Stadion zum Freundschaftspreis zu Verfügung oder der Karikaturist Zamir Yushaev porträtiert am Rande des Geschehens Besucher.
Großes Lob will Feller auch in Richtung Leipziger Rathaus gesandt wissen, wo das Projekt viel Unterstützung findet. Befragt nach den schönsten Augenblicken solch eines Turniers erzählt Pedro Feller nicht über die Spiele selbst.
„Da sitzen die Fans von Lok und Chemie Leipzig nebeneinander und haben einfach nur Spaß am Fußball. Oder neulich schrieben mir ein paar Köln-Fans, dass sie sich mit Gladbachern mal in einer Kneipe getroffen haben. Einfach so. Sie hatten sich in Leipzig kennengelernt.“
Um den 17. Leipziger Daniel-Nivel-Cup wird vom 2. bis 4. Juni 2017 gespielt.
Die Anmeldungen laufen bis das Starterfeld komplett ist. Das Startgeld beträgt 166,- Euro pro Mannschaft. Mehr Informationen zum Cup und zur Anmeldung gibt es auf: http://www.daniel-nivel-cup.de/
Autorin: Marlis Heinz, Fotos: Volkmar Heinz